Zwischentitel werden die eingeschnittenen Texttafeln genannt, die in Stummfilmen durch die Handlung führen. Sie visualisieren Gesprochenes, Gedanken und den Kontext oder kommentieren das Geschehen. Man unterscheidet Sprechtitel und Erklärende Titel. Zusätzlich werden informative Requisiten wie Bücher, Zeitungsartikel oder Briefe eingesetzt.
Während Stimmungen und Emotionen meist über die begleitende, live gespielte Musik vermittelt werden, visualisieren Zwischentitel bei Bedarf Dialoge, Aufschreie oder auch Gedanken, erklären die Vorgeschichte, den weiteren Handlungsverlauf, den Hintergrund oder den historischen und geografischen Zusammenhang. Zwischentitel können das Geschehen auch kommentieren. Filmwissenschaftler unterscheiden zwischen Sprechtitel und erklärendem Titel. In Anlehnung an das in der Frühzeit des Films öfters abgefilmte Theatergeschehen geben manche Stummfilme auch Anfang und Ende des jeweiligen Aktes an.
Aufgelockert und besser in die Handlung integriert werden Zwischentitel nicht nur bei Murnau mit informativen Requisiten wie Büchern, Tagebüchern, Dokumenten, Zeitungsartikeln, Briefen, Telegrammen, Schildern und Ähnlichem.
Auch die Zwischentitel selbst tragen öfters zur Gestaltung bei, etwa mit der Wahl der Schrift, des Hintergrundes (z. B. hellere und dunklere Schraffuren in Faust), der Umrandung oder sogar mit Zeichnungen, die die Handlung unterstreichen oder auch witzig kommentieren. Bei der Rekonstruktion oder Übersetzung von Zwischentiteln wurden solche Gestaltungen lange vernachlässigt, wie auch an den verschiedenen Versionen von Nosferatu zu erkennen ist. Zunächst verwendete man für die insgesamt 115 Zwischentitel eine banale moderne Druckschrift. Bei der jüngsten Restaurierung wurden die Zwischentitel der von Albin Grau kalligrafierten Ursprungsfassung wieder eingesetzt, die fehlenden rekonstruierte die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in der Originaltypografie und kennzeichnete sie mit F.W.M.S. Beim Bericht des Chronisten verwendete Grau eine stilisierte lateinische Schreibschrift, beim „Buch der Vampyre“ eine gebrochene Druckschrift, bei Dialogen eine grell eingefärbte modernere Schrift und bei Briefen eine gemäßigte Kurrentschrift. Zudem behandelte Murnau hier die Zwischentitel zur besseren Integration mit Kamerafahrten sowie auf- und Abblenden wie Filmszenen.
Die deutsche Kurrentschrift (lat.: currere=laufen) ist eine Schreibschrift, die in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein gebräuchlich war. Geschrieben wurde entweder mit einem Federkiel oder einer Stahlfeder. Im Gegensatz zu anderen eher runden Schriftarten, zeichnet sich die Kurrentschrift vor allem durch ihre spitzwinkligen Ecken aus.
Ein idealer Stummfilm komme ohne Zwischentitel aus, betonte auch Friedrich Wilhelm Murnau gern: Die filmischen Ausdrucksmittel könnten sie bei optimalem Gelingen ersetzen. Mit dem Film Der letzte Mann ist er diesem Ideal ziemlich nahe gekommen: Er benutzte nur zwei Texttafeln in Schreibschrift, eine am Anfang („Heute bist Du der Erste, geachtet von Allen … Weißt Du, was Du morgen bist? …“) und eine vor dem märchenhaften Happy End („Die Letzten werden die Ersten sein“). Beide zeigen nichts Gesprochenes in schriftlicher Form, sondern eher philosophische Erläuterungen des Drehbuchautoren und des Regisseurs. Es fällt auch auf, dass kaum jemand beim stummen Reden gefilmt wird. Beim Klatschen der Frauen im Hof verstärkt der mangelnde Ton eher den boshaften Vorgang als solchen. Erklärungen „übersetzt“ Murnau mit den Mitteln der Kamera, des Lichtes, der Bauten und nicht zuletzt der Mimik und Gestik. Für die direkte Visualisierung des Tons benutzt er die berühmte Kamerafahrt von der Trompete unten quer über den Hof hoch zum Portier, der offensichtlich zuhört. Es gibt aber auch Hände am Mund, um die Lautstärke des Gerufenen zu verdeutlichen und die Hand am Ohr, die das Bild des Hörens verstärkt. Auch in diesem Fall setzte Murnau schriftliche Requisiten ein: den Brief mit der Kündigung, den der Portier erst mühsam lesen kann, nachdem er seine Brille aufgesetzt hat. Den Zeitungsartikel, der die märchenhafte Erbschaft erläutert. Und sogar den Kuchen, dessen Zuckergussschrift die bevorstehende Hochzeit ankündigt.
Inhaltsangabe Sunrise |
Inhaltsangabe Tabu |
Sunrise (1927) TC: 00:12:25 – 00:14:22
Tabu (1931) TC: 00:47:23 – 00:49:15
Inhaltsangabe Der letzte Mann |
|
Der letzte Mann (1924) TC: 00:02:49 – 00:04:13